Die Räuber wurden im Konstanzer Wald, mit einer allegorischen Figur, dem Tod, und einer die RAF verkörpernden Figur neu interpretiert. Ich webte Hip HopperInnen, SängerInnen, MusikerInnen und TänzerInnen in das Stück ein. Die Inszenierung wurde für den Stuttgarter Theaterpreis nominiert. In abgewandelter Besetzung gastierte das Stück im Stuttgarter Theaterhaus. 

Inszenierung und Spielweise

Die Gesetze des Establishments provozieren, um ihre eigene Weiterentwicklung zu sichern, Ausgrenzungen und die verschobene Darstellung tatsächlicher Sachverhalte. Virtuell erzeugte Welten stehen gegenseitig zueinander in Konkurrenz und müssen, allein um mithalten zu können, die Realität in verzerrten Bildern widerspiegeln.

Zu Schillers Zeit bot das Erzählen, das Nacherzählen, das Bericht erstatten, das Vorlesen eine breite Angriffsfläche für Verzerrungen. In der Gegenwart sind es visuell und virtuell erzeugte Welten, die uns ein verzerrtes Bild auf die Wirklichkeit geben.

Die Ausgrenzung individueller Verhaltensweisen, der Mangel an Liebe, die Unfähigkeit zu verzeihen und der ständige Anpassungsnotstand der Figuren, zugunsten der Werterhaltung innerhalb der Normen der Hochkultur, äußert sich in dem
Beziehungsverhältnis zwischen Franz, Vater und Karl. 

Und über alldem schwebt der ewige Wunsch der Protagonisten, geliebt und angenommen zu werden. Oder es schürft die Enttäuschung über das Nichtfinden dieser Gunst an dem Bild der Seele und mutiert den Mensch allmählich zu einem Monster.

Aus der strukturell verfestigten, künstlich erzeugten Realität, in der die Grenzen zwischen Tatsächlichem und virtuell Erschaffenem nicht mehr transparent sind, entwickelten sich damals wie heute Randgruppenbewegungen, die konstruktiv oder zerstörerisch wirkten und wirken.

Karl tritt anfangs mit einem großen kreativem Gehalt als Hip Hopper auf. Ein eigentlich Intellektueller, der sich in das System nicht integriert hat und aus einer Randfigurenperspektive heraus Zusammenhänge erkennt und argumentiert. Demgegenüber steht Spiegelberg, der nicht über diesen Geist verfügt und bei dem die Enttäuschung über seine Chancenlosigkeit sich ausschließlich in Gewalt äußert.

In dem Moment, in dem Karl aufgrund seiner Randposition entmündigt wird, sieht er sich quasi gezwungen, dieser Gewalt
mit Gewalt zu begegnen, aus der immer mehr Gewalt werden muss und die schließlich auf mehreren Seiten zum Stillstand und zum Tod führen. In dieser erzwungenen Gewalt, die er als die einzig rechtmäßige Reaktion auf die ihm zugeführten Gewalt empfindet, entstehen Parallelen zur Roten Armee Fraktion.

Verhärtete Strukturen erzeugen Ausgrenzungen im Denken und Handeln, sowie in auf Regeln basierenden Organisationsformen: Besonders in Familie, im Schulsystem, in einer Regierungsform oder einer Staatengemeinschaft.

Vor dem Hintergrund weltweit zunehmender Konflikte, die die Vision einer Weltengemeinschaft, die auf einer Begegnung basieren könnte, weiter schwinden lässt, unter der Berücksichtigung der psychischen Belastung des Einzelnen und dem immer weniger Funktionieren der gesellschaftlichen Keimzelle - der Familie - bekommen Schillers Räuber für mich eine neue Dimension:

Aus einer Ausgrenzungshaltung innerhalb einer Familie wächst eine Lawine der Gewalt, die alle Beteiligten mitnimmt und viele
Unbeteiligte verschüttet – das einfache Aufhören, der Stopp der Lawine scheint unmöglich.

Der Einzelne vermag das System nicht zu ändern, aber er hat die Chance mit den Grenzen, die er selber setzt, umzugehen – im
eigenen Denken, sowie in den Strukturen, in denen er sich wiederfindet.

Die angesprochenen Parallelen zwischen jenen Mechanismen, die in Schillers Schrift greifen und zwischen der Linken und Rechten
Szene zeigen, dass sich dieser Umgang seit der Zeit Schillers nicht wirklich verbessert hat.

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Schauspieler

Gregor Müller / Karl Moor
Thomas Ecke /  Franz Moor
Linda-Marie Runkel / Amalia von Edelreich
Jürgen Wemheuer / Maximilian Moor
Ingmar Skrinjar / Spiegelberg
Harmen Henne / Schweizer
Sabrina Becker / Schwarz
Steven Gänge / Roller
Sonja Schaad / RAF

Musik

Patrick Manzecchi / Schlagzeug / Perkussion
Dong-Seon Chang / Klavier /  Komposition / Arrangement
Naby Simone Oberbeck /  Geige /  Cello
Amèlie Böhm / Gesang
Andreja Huber / Gesang

Tänzer

Soledad Steinhardt /  Tod
Denis, Lumi, Toni, Bujar /  Breakdance

Technik

Peter Schulz /  Video und Hip Beats
Nadim Chammas / Lichtdesign
Wojciech Zychowski / Bühne


Inszenierung /  Konstantin Tsakalidis
Regiemitarbeit /  Thomas Ecke

Next Project

Alienation

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